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« Überfall auf Polen 1.9.1939  |   Vorstoß in den Kaukasus »

Die Nacht, in der Königsberg unterging - 30.8.1944

Vor 70 Jahren verglühte Ostpreußens Hauptstadt bei zwei Luftangriffen der Briten im Feuerball der Phosphorbomben. An ihre Stelle trat das russische Kaliningrad, das seine Rolle zwischen Ost und West noch nicht gefunden hat. Von Olaf Ihlau

Am frühen 30. August 1944 verglüht die ostpreußische Hauptstadt im Feuerball der Phosphorbomben. Dieser Angriff der Royal Air Force mit 650 Bombern, ohne Erdsicht im Planquadrat über einer geschlossenen Wolkendecke fliegend, hat das dichtbesiedelte Zentrum im Visier. Nach dem Feuersturm der Spreng- und Brandstrahlbomben ist von Kants “schicklicher” Stadt nicht mehr viel übrig. Das historische Königsberg mit seiner jahrhundertealten preußischen Kultur ist ausgelöscht. Dom, Hohenzollernschloss, Universität, Kirchen, die klassizistischen Gebäude und die alten Speicher am Hafen sind nach dem Flammenmeer nur noch ausgebrannte Ruinen. Die Zahl der Toten wird auf rund 4500 geschätzt, an die 200.000 Königsberger sind obdachlos.

Stalins 3. Weißrussische Front bereitet da bereits den Angriff auf Ostpreußen vor. Sieben Monate danach setzt eine sowjetische Übermacht von 240.000 Soldaten zum “Sturm auf das faschistische Räubernest” an. Die deutschen Verteidiger der “Festung Königsberg” können demgegenüber nur noch 10.000 Mann aufbieten, denen es an Waffen und Munition mangelt. Der General Otto Lasch kapituliert, viel zu spät, am 9. April 1945. Von den etwa 125.000 Zivilisten und Flüchtlingen, die noch immer in Kellern und Luftschutzräumen der belagerten Stadt ausharren, weil sie nicht rechtzeitig evakuiert werden durften, kommt bei den Kampfhandlungen ein Viertel ums Leben, wenn nicht mehr. Die Überlebenden sind danach dem Abrechnungsterror der Besatzungsmacht ausgesetzt, mit unzähligen Vergewaltigungen, grausamen Ausschreitungen und Erschießungen. Keine größere deutsche Stadt wurde durch Krieg und Nachkriegszeit dermaßen zerstört wie Königsberg, fand die Publizistin Marion Gräfin Dönhoff, die ganz in der Nähe auf Schloss Friedrichstein aufwuchs. Und keine sei so “in ihrer Geschichtlichkeit getroffen” worden.
Heute heißt das frühere Königsberg Kaliningrad, benannt nach einem Vasallen Stalins, und es gehört mit dem nördlichen Ostpreußen seit Kriegsende zu Russland. Jahrzehntelang als militärische Sperrzone in bleierner Finsternis, seit der Implosion der Sowjetunion nunmehr Moskaus isolierter Vorposten an der Ostsee. Eine von den EU- und Nato-Mitgliedern Polen und Litauen umklammerte Exklave, die Selbstzweifel und Zukunftsängste plagen. Denn diese russische Insel mit knapp einer Million Einwohnern ist weit von Russland entfernt. Über 1000 Kilometer von der Kommandozentrale Moskau, aber bloß 530 Kilometer von Berlin, dem Ziel heimlicher Sehnsüchte der Jungen, die nach Westen, nach Europa streben. Russlands westlichste, immens korrupte Stadt ist noch immer auf der Suche nach sich selbst. Sie kommt wirtschaftlich nicht auf die Beine, leidet unter ihrer Lage wie kaum ein zweiter Ort im Imperium des Wladimir Putin.
Quelle. Spiegel.de Einestages


Der Beitrag wurde am Sonntag, den 31. August 2014 um 00:24 Uhr unter der Kategorie Vorstand veröffentlicht. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen und selbst einen Kommentar schreiben.

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