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Such- und Grabungsreise im Jahre 2009

 

Grabungsreise von Mitgliedern des „Verein Russland Kriegsgräber“ (VRK) in die Bezirke Wolgograd (Stalingrad) und Rostow

Vom 18. Mai bis 1. Juni unternahmen die Herren Alfred Baaken, Kevelaer, und Hans J. Diehl, Winnekendonk, im Auftrag des VRK eine neue Grabungsreise nach Rußland. Aufgabenstellung der Reise war – wie in den Jahren 2000 bis 2007 – die Bergung von bislang noch unentdeckten Gebeinen deutscher Soldaten, sie aus der Anonymität des Massengrabes und der Verscharrung zu holen.

Nach Angaben des „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ sind in den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion mehr als 60 Jahre nach Kriegsende noch immer 1,4 Millionen Soldaten der Wehrmacht und Zivilisten vermisst und ihre Grabstätten nicht bekannt.

Viele der geschätzt 118.000 Grabstellen und Friedhöfe in Rußland sind nur schwer auffindbar, zerstört, überbaut oder geplündert. Auch wurden die toten Soldaten häufig in Massengräbern beigesetzt oder auf freiem Feld notdürftig verscharrt. Die Suche wird erleichtert, sofern noch russische Zeitzeugen ausfindig gemacht werden können. Zeitlich eingeengt werden diese Grabungen durch die lange Frost- und Schlammperiode und die extreme sommerliche Hitze, wodurch die Klärung der Schicksale von vermissten Soldaten noch Jahre in Anspruch nehmen wird.

Gegraben wurde nach Vorgaben der Mitarbeiter des Volksbundes, den Herren Gurski und Schmackov, in Ilmen/Rudnja, 420 km nördlich von Wolgograd, und in Gruschewski, 300 km westlich von Wolgograd, im Bezirk Rostow. In Rudnja wurden bei dieser Grabungsreise zusammen mit russischen, vom Volksbund bezahlten, tatkräftig arbeitenden Helfern in zwei Massengräbern die Gebeine von 193 und in Gruschewski auf freiem Feld die nur mit Metallsuchgeräten und Suchstangen zu findenden Gebeine von 65 deutschen Soldaten und einem Rumänen exhumiert. An beiden Orten in den wenigen Tagen zusammen 258 (!). Die Gebeine werden auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Rossoschka beigesetzt.

In Ilmen/ Rudnja war nach Ende der Schlacht von Stalingrad ein Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten, aber auch Kroaten, Italiener und Rumänen eingerichtet worden, die der im Lager unzulänglichen Ernährung und der bei der herrschenden Kälte unzureichenden Unterbringung zum Opfer fielen.

H. Langer schrieb für das Buch „Von Workuta bis Astrachan“ das Kapitel „Waldlager Ilmen“: „…………….. Von den 6.000 Mann, die bis Mitte April 1943 das Waldlager Ilmen bevölkerten, waren Mitte Juli noch 600 am Leben. Den Wald hatten die Gefangenen längst kahl gefressen. Mit der Arbeit kamen sie kaum nach: Jeden Tag ein Massengrab schaufeln und mit den Toten füllen. Von der Sumpfwiese in der Nähe holten sich die ausgehungerten Gefangenen Nahrung – Frösche und Regenwürmer wurden roh gegessen – und, dies war nicht zu vermeiden, Malaria ……………..“

Es ist daher nicht auszuschließen, daß dort noch Tausende von Gebeinen geborgen werden können.

Bei den Gebeinen in Ilmen / Rudnja wurde keine einzige Erkennungsmarke gefunden, aber auch keinerlei persönliche Habseligkeiten, da vermutlich der das Lager verwaltende NKWD diese an sich genommen hat.

In Gruschewski war ein Teil der Toten regulär begraben worden, was darauf schließen lässt, dass sich dort ein Friedhof der Wehrmacht – angelegt auf dem Vormarsch nach Stalingrad ? – befunden haben muss. Andere Gebeine waren verscharrt worden, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass Mitte/Ende Dezember 1942 in jenem Bereich die deutsche Front zum Teil überrollt wurde.. In der Geschichte der 306. Inf.-Div. wird berichtet: „Nördlich davon bei Ponamarew und Nischnij-Astachow kam es zu starken Kämpfen, bei denen weit über 1000 Angehörige der 306. ID den Tod fanden“.

Bei den Grabungen in Gruschewski wurden nur sehr wenige Erkennungsmarken gefunden (manche Marken waren obendrein nach so langer Zeit ohne Hilfsmittel nicht mehr leserlich), die mit Angabe des Fundortes in den Besitz der Herren des Volksbundes übergingen.

Bei den Grabungen in Gruschewski wurden auch Stahlhelme, Hosenträger, Handgranaten, Gasmasken, ein Ehering, verrostete Feuerzeuge, Taschenmesser, Wasserentkeimungstabletten, eine Gummikatze, Rasierspiegel, Kämme, viele Patronen (6,35, 7,62), Ladestreifen, Kampfmesser, Schuhe, Stiefel und Bajonette gefunden. In einem Grab lag eine Flasche, darin ein beschriftetes Papier mit der Angabe der Einheit des Toten und der Feldpostnummer. Ein deutscher Soldat wurde komplett im Sarg liegend vorgefunden. Dem Hinweis eines Ortsansässigen über ein in der Nähe befindliches Massengrab konnten wir aus zeitlichen Gründen nicht nachgehen.

Die ursprünglich vorgesehenen Grabungen in Nishnij Astachow und Ponomarowka, in geringer Enfernung von Gruschewski, ließen sich wegen des schlechten Wetters und der unbefestigten Wegeverhältnisse (auch für ein geländegängiges Fahrzeug) nicht durchführen.

Die notwendigen Grabungsgenehmigungen waren von den örtlichen Behörden zu erteilen. Die ortsansässige Bevölkerung hat uns gastfreundlich aufgenommen und beherbergt. Die Behandlung einer Verletzung wurde von einem Chirurgen in einer 20 km entfernten Rettungsstelle freundlich, hilfsbereit und kostenlos erledigt. Die Grabungsarbeiten verliefen sehr schwierig wegen der Bodenverhältnisse (Rudnja), des schlechten Wetters und der kaum zu ertragenden Mückenplage.

Zum Abschluss unserer Reise mit vielfältigen, uns nahegehenden Eindrücken, die die Schrecken des Krieges wieder aufleben ließen – legten wir Kränze nieder am russischen und am deutschen Soldatenfriedhof in Rossoschka, nördlich von Wolgograd, wo inzwischen die Gebeine von mehr als 52.000 deutschen Soldaten beigesetzt sind, und besichtigten die zahlreichen großen vom Volksbund aufgestellten Granitblöcke mit den eingravierten Namen der in Stalingrad gefallenen und vermissten deutschen Soldaten.

Anschließend besichtigten wir die große Gedenkstätte für die russischen Soldaten auf dem Mamaj-Hügel oberhalb von Wolgograd mit der 82 m hohen Statue der „Mutter Rußland“ und der zylinderförmigen Ruhmeshalle mit der Ewigen Flamme und einer ständigen militärischen Ehrenwache.

Alfred Baaken

07/07/09


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Der Beitrag wurde am Montag, den 27. Juli 2009 um 22:04 Uhr unter der Kategorie Auf der Suche veröffentlicht. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen und selbst einen Kommentar schreiben.

6 Reaktionen zu “Such- und Grabungsreise im Jahre 2009”


  1. Harfst Hamburg

    >”Am deutschen Soldatenfriedhof in Rossoschka, nördlich von Wolgograd, wo inzwischen die Gebeine von mehr als 52.000 deutschen Soldaten beigesetzt sind.”<

    Wie findet Ihr, das solche grossen Massengrab-Friedhöfe angelegt und dafür kleine erhaltenswürdige plattgemacht un die totenruhe der dort bestatteten aufs scheuslichste gestört wird?
    Ich hätte gerne eure/ihre Meinung dazu.

    AW vom Verein Russland Kriegsgraeber eV

    Hier stellt sich die Frage, welche ….kleinen Friedhöfe in Russland im Detail gemeint seien, die erhaltungswürdig wären, bzw. wo die Totenruhe gestört würde.

    Vereinsmitglieder haben in der russischen Steppe und anderen sehr abseits gelegenen Orten mit technischen Hilfsmitteln nach Grabstellen intensiv suchen müssen, weil keinerlei Hinweise auf Gräber (mehr) vorhanden sind. Selbst bei Massengräbern etwa von Kriegsgefangenen-Soldaten fehlt in Russland oftmals jeglicher sichtbare Hinweis.

    Um aber den Angehörigen auch nach so vielen Jahren Gewissheit über den Verbleib des Vaters, Großvaters, inzwischen auch Ur-Großvaters, Ehemannes, Onkels usw. geben zu können, ist eine Ausbettung zwingend vorzunehmen.
    Nur so kann man anhand von Erkennungsmarken oder anderer evtl. vorhandener Hinweise die Identität des Vermissten feststellen, damit über z.B. den Volksbund, die WASt, den Suchdienst des DRK und andere Organisationen die Angehörigen der Exhumierten informiert werden können.

    Gerade große Soldatenfriedhöfe sind Stätten dauerhafter Erinnerung und Ermahnung an das unermessliche Leid, das der 2. Weltkrieg über die Länder der Welt gebracht hat.

    So werden z.B. mehr als 50.000 Gräber von Kriegstoten und Opfern der Gewaltherrschaft auf dem Friedhof Ohlsdorf (Hamburg) erhalten und gepflegt. Die Kriegsgräberstätten nehmen eine Fläche von etwa 12 Hektar des 400 Hektar großen Friedhofs ein.

    Oder Ysselsteyn (Niederlande):
    Wenige Kilometer südwestlich von Venray, liegt die Kriegsgräberstätte Ysselsteyn. 31.598 Kriegstote haben hier auf einem flachwelligen 30 ha großen Gelände in der Heide- und Moorlandschaft “De Peel”.

    Weitere Soldatenfriedhöfe und Gedenkstätten unter
    http://www.bevrijdingsmuseum.nl/Basis.aspx?Tid=745&Sid=1365&Hmi=1363&Smi=1365

    Oder im Landkreis Kleve (Niederrhein), der wegen der strategisch wichtigen Rheinbrücken heftigst umkämpft war, ruhen z.B.

    im Klever Reichswald mehr als 7.600 britische Gefallene,
    beim nahe gelegenen Donsbrüggen etwa 2.400 deutsche Gefallene,
    in Weeze sind es etwa 2.000 Kriegstote.

    Oder im Kreis Wesel (Niederrhein) in
    Kamp-Lintfort mehr als 1.700 Gefallene,
    nebenan im Rheinberg War Cemetery etwa 3.300 Gefallene.

    Hier sind nur exemplarisch einige der vielen Soldatenfriedhöfe genannt worden.

    Alle diese Stätten sind wichtige Orte :

    „Gegen das Vergessen“

    Mit freundlichem Gruß vom VRKeV

  2. Kurt Astor

    Ohen die großen angelegten Friedhöfe bzw. Gedenkstaätten ist es kaum möglich, kleinere Soldatenfriedhöfe, sollten sie existierenn, ausfindig zu machen.
    Als Kenner der geographischen Verhälnise in Russland, habe ich mehrere Friedhöfe ,per Motorrad, besucht. Selbst die großen Friedhöfe wie Gontscharnoje auf der Krim, Apsheronks im Kaukasus oder sogar Rossoschka bei Wolgograd sind schwer auffindbar, trotz GPS Navigation. Wie sollten da die angeblich kleine Friedhöfe gefunden werden können?
    Von daher bin auch auch für die Zusammenlegung der Grabestätten.

  3. Uta Breden

    Hallo,

    ich versuche über den VdK eine Grabung nach meinem am 13.07.1941 gefallenen Vater durchzuführen. Der Ort ist genau bekannt und dort ist noch ein zweiter Soldat begraben. Es gibt Fotos, weche die Kompanie von der Grabstelle gemacht hat, wo im Hintergrund ein Holzhaus zu sehen ist. Wenn man dort graben würde, könnten die Gräber gefunden werden. Es scheitert wohl daran, dass der VdK wegen zwei Gräbern nicht aktiv werden will!

    Mit freundlichen Grüßen

    Uta Breden

  4. Dr. Justus Hauschild

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    ich möchte Ihnen meinen Respekt und meine Anerkennung für Ihre wichtige Arbeit aussprechen, die im Interesse von uns Angehörigen aber auch der Allgemeinheit ist, damit Geschichte nicht in Vergessenheit gerät.
    Ich habe Nachforschungen über meinen vermissten Opa, Arno Hauschild, angestellt, der bei Iwanzewo/Newel wie etliche andere gefallen ist (ich habe recht detallierte Angaben aus Originalquellen) und würde geren in die Region reisen, um mir die Gegend dort einmal anzusehen. Gibt es Pläne, dort zukünftig Grabungen/Umbettungen vorzunehmen?
    Ich bin sehr gerne bereit, mich da auch zu engagieren oder Ihnen meine Untrelagen zur Verfügung zu stellen.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Dr. Justus Hauschild

  5. peter

    hi ich suche den ort in dem mein grosvater gefalen ist.der name war alois kohl
    gefreiter in einem gren,reg
    gefallen am 23 dezember1943 im osten rusland un 35(bsi.ich weis nicht was das bedeutet,hab ich von meiner oma die andenken karte mit bild,were schon wenn ihr mir sagen kont wo er genau ligt und gefallen ist.danke peter thaler

  6. Rainer Budweg

    Essen, den 20. Sept. 2017
    An alle, die sich bemühen unbekannte Gräber von gefallenen deutschen Soldaten ihrer Familie zu finden :
    Im Jahre 2006 habe ich auf Nachfrage von der WASt-Berlin erfahren wo mein Patenonkel genau begraben liegt. Vorher wusste ich nur den Namen des ehemaligen polnischen Dorfes. Ich bin im Mai 2017 auf eigene Faust in das jetzt ukrainische Gebiet gefahren und habe durch Fragen in dem Dorf tatsächlich von einer älteren Frau die Stelle gezeigt bekommen, wo sein Grab liegt. Ich kann diese emotionalen Gefühle nicht beschreiben, die mich ergriffen haben, als ich an seiner Grabstätte stand !!!
    Jetzt, in einer Woche, am 26. 9. 17, fliege ich erneut in die Ukraine und werde dabei sein, wenn die “Deutsche Kriegsgräberfürsorge” am 28.9. dieses Grab aufnimmt und die Gebeine meines Patendieonkels anschließend auf dem Soldatenfriedhof in Potelitsch ehrenvoll bestatten wird.
    Ich kann allen, die nach Gräbern gefallenener Soldaten suchen, nur raten nicht aufzugeben und überall nach-zufragen. Die Seelen dieser Menschen finden wohl oft keine Ruhe und verursachen bei ihren lebenden Ange-hörigen ständige, sog. “Unruhen”.
    MfG Rainer Budweg


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