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Wie Stalins Rote Armee die Krim eroberte

Stalins Schatten über der Krim:

Im Frühjahr 1944 begann die Rückeroberung der Halbinsel und ihrer „Heldenstadt“ Sewastopol.

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Im April 1944 begann der sowjetische Angriff auf die Krim.

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Schnell wurden die deutsch-rumänischen Linien durchstoßen. Hitler verbot die Räumung Sewastopols. Hitler opferte eine ganze Armee, um das zu verhindern. Große Teile der 17. Armee der Wehrmacht wurden bei den Kämpfen aufgerieben, das schwere Material ging fast vollständig verloren.

Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin sich bei seiner Aneignung der Krim zumindest innenpolitischer Zustimmung erfreuen kann, dann hat das viel mit der Erinnerung an Josef Stalin und den Zweiten Weltkrieg zu tun.

Mehr als acht Monate lang hatte die Rote Armee 1941/42 dem Befehl des roten Zaren Folge geleistet und in den Trümmern der Festung Sewastopol bis in den Tod ausgeharrt. Mit der Pistole in der Hand trieb Stalins oberster Politkommissar Lew Mechlis Einsatztruppen in das Feuer der deutschen Abwehr, wo sie zu Zehntausenden elendig umkamen. Rund eine halbe Million Mann verlor die Rote Armee bei dem Versuch, die „Heldenstadt“ mit allen Mitteln zu halten.
Vor 70 Jahren, im Frühjahr 1944, hatte sich die Frontlage ins Gegenteil gekehrt. 470.000 Soldaten hatte die Stawka, Stalins Hauptquartier, zusammengezogen, um die Wehrmacht und die mit ihr verbündeten rumänischen Truppen endgültig von der Halbinsel zu vertreiben. Nun fühlte sich Hitler bemüßigt, Zeichen zu setzen.

Dass sich zu jenem Zeitpunkt überhaupt noch deutsche Truppen in jener ephemeren Stellung am äußersten Rand der Ostfront befanden, hing nicht zuletzt mit der Katastrophe von Stalingrad zusammen. Im Zuge der großen Rückzugsbewegungen aus dem Kaukasus hatte Hitler angeordnet, auf der Taman-Halbinsel am östlichen Ufer der Straße von Kertsch einen Brückenkopf zu bilden. Dieser „Gotenkopf“ sollte als künftiges Sprungbrett zu den Erdölfeldern am Schwarzen Meer dienen.

Im Zuge des großen Rückzugs nach der Niederlage von Kursk konnten die deutschen und rumänischen Truppen bis zum September 1943 ihre Stellungen an der Mündung des Kuban halten. Dann ließ sich Hitler dazu herab, den Befehl zur Räumung zu geben. Der allgemeine Rückzug der Heeresgruppe Süd auf die Dnjepr-Linie ließ den Diktator erkennen, dass der ferne Vorposten jeglichen Sinn verloren hatte.

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Vage politische Gründe

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So kam es, dass rund 280.000 Soldaten und Zivilisten über die Straße von Kertsch auf die Halbinsel Krim transportiert werden konnten. Da der Befehl zum Rückzug ausnahmsweise rechtzeitig gegeben worden war, konnte sogar das schwere Kriegsmaterial geborgen werden, was der Wehrmacht im Krieg gegen Hitlers unbedingte Halte-Befehle selten genug gelang.

Darin erschöpfte sich allerdings Hitlers strategische Vernunft. Denn der folgende Befehl an die 17. Armee lautete, ihre Stellungen auf der Halbinsel unter allen Umständen zu verteidigen. Es waren vor allem politische Gründe, die der Diktator dafür anführte. Eine deutsche Armee auf der Krim würde die schwankende Türkei in ihrer Neutralität bestärken und Rumänien und Bulgarien im Bündnis mit Deutschland halten. Mit der Realität hatte das wenig zu tun. Denn der rumänische „Conducator“ Ion Antonescu intervenierte mehrfach gegen die mögliche Opferung seiner Truppen in Berlin.

Auch beschworen die Führungen der an der Südostfront kämpfenden Heeresgruppen Hitler wiederholt, die 17. Armee zurückzuziehen, solange dies noch möglich sei. Ihr Einsatz an anderen Stellen der wankenden Front sei deutlich sinnvoller als sie in der Verteidigung einer abseitigen Position zu ruinieren. Hitler verschloss sich allen Argumenten, bis die Rote Armee Fakten geschaffen und die Wehrmacht auf der Halbinsel faktisch abgeschnitten hatte, indem sie die Front weit nach Westen vorschob und die einzige Verbindung der Krim zum Festland an den russischen Linien endete. Statt die versprochenen Verstärkungen zu schicken, ersetzte der Diktator am 30. März den Oberbefehlshaber der zuständigen Heeresgruppe A, Ewald von Kleist, einen seiner besten Panzergeneräle, durch Ferdinand Schörner, der sich vor allem durch seine nationalsozialistische Überzeugung auszeichnete.

Seine mangelhafte strategische Kompetenz gab Schörner denn auch nach einem Besuch in der „Festung Krim“ Anfang April zu Protokoll, als er seinem „Führer“ meldete, „dass nach seiner Überzeugung … die Verteidigung der Krim auch auf längere Sicht gewährleistet“ sei. Wenige Tage später durchstießen die sowjetischen Truppen die deutsch-rumänischen Stellungen, deren Verteidiger sich mit letzter Kraft auf die Festungswerke Sewastopols zurückziehen konnten.

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Sewastopol als Symbol

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78.000 deutsche und 46.000 rumänische Soldaten – davon allerdings nur einige zehntausend Kampftruppen – richteten sich auf die sinnlose Verteidigung ein. Mangels Panzer waren Flugabwehrgeschütze die einzigen Mittel gegen die Übermacht der Roten Armee.

Umgehend begannen Schörner und der Oberbefehlshaber der 17. Armee, Erwin Jaenecke, die Evakuierung der Truppen auf das rumänische Festland vorzubereiten. Bis zum Mai konnten Luftwaffe und die überschaubaren Kräfte der Marine rund 100.000 Menschen – Verwaltungskräfte, Stäbe und rückwärtige Dienste – über das Schwarze Meer transportieren. Auch rumänische Einheiten wurden auf Drängen Antonescus evakuiert. Aber die zusammengewürfelten Reste der Kampfeinheiten hatten auf ausdrücklichen Befehl Hitlers auf ihren Positionen zu bleiben. Jaenecke wurde durch einen anderen General ersetzt und sollte später vor ein Kriegsgericht gestellt werden.

Am 5. Mai eröffnete die Rote Armee den Sturm auf Sewastopol. Am 9. Mai beugte sich Hitler schließlich Schörners Drängen und erlaubte die Räumung. Tatsächlich gelang es der Marine noch, rund 30.000 Menschen nach Rumänien zu bringen. 10.000 verloren im Chaos der letzten Kämpfe ihr Leben, 12.000 gingen in Kriegsgefangenschaft. Das gesamte Material fiel der Roten Armee in die Hände.

Als die Wehrmacht Anfang Juli 1942 die sowjetische Festung Sewastopol erobert hatte, stand das Dritte Reich auf dem Gipfelpunkt seiner Macht. Der Sieger, Erich von Manstein, wurde von Hitler zum Generalfeldmarschall befördert. Als die letzten deutschen Verteidiger Sewastopols im Mai 1944 die Waffen streckten, wurden 126 Soldaten der Roten Armee als „Helden der Sowjetunion“ geehrt. Soviel zur Symbolik der Krim. Die Realität war weniger ergreifend. Denn der Krieg war noch lange nicht zu Ende. Ein ganzes Jahr sollte er noch weiter wüten.

Quelle: Florian Stark, in: Welt de


Der Beitrag wurde am Montag, den 17. April 2023 um 00:42 Uhr unter der Kategorie Vorstand veröffentlicht. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen und selbst einen Kommentar schreiben.

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