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« Dezember 1941 - Wie der russische Winter Hitlers Wehrmacht zerrieb  |   Kaukasus 1942 - 1943 »

„Unternehmen Taifun“ – Hitlers Blitzkrieg-Desaster

Anfang Oktober 1941 startete mit dem “Unternehmen Taifun” der deutsche Angriff auf Moskau. Wenige Kilometer vor der Stadt begann die Katastrophe.

Am 2. Oktober 1941 setzte Hitler mit dem “Unternehmen Taifun” alles auf eine Karte. Bis zum Beginn des russischen Winters sollten die sowjetischen Truppen vor Moskau “vernichtend geschlagen” werden und die Hauptstadt der UdSSR in ein unbelebtes Trümmermeer verwandelt worden sein. Faktisch bedeutete dies, dass der Gegner in gut einem Monat bezwungen sein musste, denn vor dem ersten Frost war mit mehreren Wochen Schlamm zu rechnen. Und der Winter in Russland setzt in der Regel spätestens im November ein.

Dass Hitler seine Armeen, die nach dreieinhalb Monaten härtester Kämpfe zum Teil auf 50 Prozent ihrer Stärke zusammengeschmolzen waren, noch einmal zu einer derartigen Kraftanstrengung antreiben konnte, hing nicht zuletzt mit Hitlers größtem Sieg zusammen. Gegen den Willen seiner Generäle hatte “der größte Feldherr aller Zeiten” die Panzerdivisionen, die Moskau hatten nehmen sollen, Ende August nach Süden, in die Ukraine, dirigiert. Dort hatten sie in der Kesselschlacht von Kiew 160.000 Sowjetsoldaten vernichtet und 660.000 gefangen genommen.

Fast 80 Divisionen in sechs Armeen

Seinen unbesiegbaren Armeen sollte nun binnen weniger Wochen auch die “letzte große Entscheidungsschlacht dieses Jahres” gelingen. Hitler hatte Recht. Es sollte die Entscheidungsschlacht des Krieges werden.

Zwei Monate später hatte er ihn verloren.

Dabei nahm sich das “Unternehmen Taifun” zunächst besser aus, als Hitlers Generäle je zu hoffen gewagt hatten. Das lag weniger an der moralischen Aufrüstung durch Hitler – “dieser Kampf wird – vielleicht zum ersten Male – von allen Nationen Europas als eine gemeinsame Aktion zur Rettung des wertvollsten Kulturkontinents angesehen” – als an der professionellen wie brutalen Führung seiner Soldaten. Fast 80 Divisionen in drei Armeen und drei Panzerarmeen (Panzergruppen) hatte das deutsche Oberkommando bereitgestellt.

Trotz eindringlicher Warnungen, dass weder die Ausrüstung ausreichend noch der Nachschub gewährleistet sei, beugten sich die Generäle ihrem Führer und warfen ihre Truppen zum, wie auch sie wähnten, “letzten gewaltigen Hieb” nach vorne. Innerhalb von zehn Tagen wurden in den Kesselschlachten von Vjazma und Brjansk 673.000 sowjetische Soldaten gefangen genommen und 1300 Panzer erbeutet. Stalin soll mit dem Gedanken gespielt haben, seinen Geheimdienstchef Berija zu Verhandlungen zu Hitler zu schicken, umgekehrt verbot dieser jede Annahme einer Kapitulation Moskaus. Die Stadt sollte für immer verschwinden.

Doch während die deutsche Propaganda der in- und ausländischen Presse verkündete, dass mit der “Zertrümmerung der Heeresgruppe Timoschenko” der Krieg entschieden sei – was der Chef des Wehrmachtsführungsstabes, General Jodl, auch intern bekräftigte – sah das Bild an der Front anders aus. Zwar war es den deutschen Truppen gelungen, bereits den äußeren Verteidigungsring Moskaus zu durchbrechen, doch die einsetzende Schlammperiode brachte die Offensive für mehrere Wochen zum Stoppen. Bald begann es zu schneien.

Die Nachrichten Richard Sorges

In dieser Zeit ließ Stalin die zentralen Behörden an die Wolga evakuieren. Insgesamt zwei Millionen Menschen verließen die Stadt. Mit Brachialgewalt wurde der Kampfgeist der übrigen Bevölkerung gestärkt, die die Verteidigungsanlagen auszubauen hatte. Aus ihr wurden 87 Arbeitsbataillone und zwölf Volkswehrdivisionen gebildet. Teile Moskaus wurden zur Sprengung vorbereitet.

Doch Stalins eigentlicher Joker wurden die Nachrichten, die der deutsch-russische Spion Richard Sorge aus Japan gesendet hatte. Vor seiner Enttarnung Mitte Oktober hatte Sorge berichtet, dass das Japanische Kaiserreich entgegen aller Kriegsrhetorik keinen Angriff im Fernen Osten unternehmen würde. Stalin konnte also rund eine Million kriegsmäßig ausgestattete Truppen als Reserven an die Front werfen.

Diese Entwicklung blieb der deutschen Abwehr verborgen. Als die Wehrmacht mit Einsetzen des Frostes ihren Angriff wieder verstärkte, sah sie sich immer neuen Truppen gegenüber, die im Gegensatz zu ihren Divisionen mit Winterkleidung ausgerüstet worden waren. Im Vertrauen auf einen schnellen Sieg hatten viele deutsche Einheiten ihre Ausrüstung beizeiten zurückgelassen oder waren, weil der Krieg bereits im August für entschieden gehalten wurde, gar nicht mit Mänteln oder Handschuhen ausgestattet worden.

Hinzu kam, dass wegen des Mangels an LKW sogar Pferdefuhrwerke eingesetzt werden mussten. Viele Panzerdivisionen meldeten nur noch ein Drittel ihrer Tanks einsatzbereit. Manche Infanterie-Divisionen verfügten nur noch über – zusammengenommen – ein vollständiges Kampf-Bataillon. Eine der eingesetzten deutschen Luftflotten musste zur Unterstützung von Rommels Afrikakorps ins Mittelmeer abgezogen werden.

Aber während der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Generalfeldmarschall Fedor von Bock, erklärte, der Zeitpunkt sei nahe, “in dem die Kraft der Truppe völlig erschöpft ist”, trieb Hitler seine ausgebluteten Divisionen weiter voran. Selbst sein Stabschef Franz Halder hatte erkannt, dass “die Truppe hier am Ende” sei. Anfang Dezember gelang es einer Aufklärungsabteilung, bis in die Vororte Moskaus vorzudringen. Drei Tage später begann die sowjetische Gegenoffensive mit einer Million Mann und 700 Panzern.

Die deutsche Führung wurde völlig überrascht, der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte schien nur eine Frage von Tagen zu sein. Generalstabschef Halder notierte, es sei die “kritischste Lage in beiden Weltkriegen”.Doch Hitler war das nicht genug.

Ausweitung zum Weltkrieg

Während sich sein Ostheer in Granaten, Hunger und Eis auflöste, erklärte er den USA am 11. Dezember den Krieg. Fünf Tage später befahl der Diktator das Einstellen aller Rückzugsbewegungen und den “fanatischen Einsatz jedes Befehlshabers … um die Truppe zum fanatischen Widerstand in ihren Stellungen zu zwingen”. Am 19. Dezember übernahm Hitler auch offiziell die Stelle des Oberkommandierenden des Heeres.

Das reichte nicht aus. Bei 50 Grad Minus wurden seine Truppen bis zu 300 Kilometer nach Westen geworfen, der Front drohte die Auflösung. “Dass es nicht dazu kam, lag nicht nur an der Härte und Professionalität der deutschen Kriegführung, sondern auch an den gravierenden Fehlern, die der Stawka, dem sowjetischen Hauptquartier, noch immer unterliefen”, urteilt der Münchner Historiker Christian Hartmann. Statt Schwerpunkte zu bilden, griff sie auf einer Breite von 1000 Kilometern an. Das schlug sich auch in den Verlustzahlen nieder. Mehr als einer Million Sowjetsoldaten standen 500.000 Deutsche gegenüber.

Doch der Wahn, in einem Blitzkrieg die Sowjetunion niederzuwerfen und damit die Weltherrschaft zu erringen, war zum Albtraum geworden. Das Scheitern des “Unternehmens Taifun” markierte endgültig den Beginn des totalen Materialkrieges, den Deutschland gegen Sowjetunion, England und nun auch Amerika nicht gewinnen konnte. Hitler schien das erkannt zu haben. Denn umgehend machte er sich an das zweite Ziel seines Vernichtungskrieges: die Vernichtung des Judentums, das er doch als den wahren Beherrscher der Sowjetunion ausgemacht hatte.

Seewald, B., in: welt de, 2011


Der Beitrag wurde am Samstag, den 28. Dezember 2019 um 20:51 Uhr unter der Kategorie Vorstand veröffentlicht. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen und selbst einen Kommentar schreiben.

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