Home

|

Kontakt

|

Impressum

|

Eine Reise in die Vergangenheit


 

 

 

 

 

 

 


JOURNAL

PROFIL

SOLDATENSUCHE

SATZUNG

SOLDATENGRÄBER

PRESSE

LINKS

Archiv

Abonnieren Sie unseren RSS-Feed.
Was ist RSS?


Der Verein Russland Kriegsgräber e.V. ist immer dankbar für Geld- und Sachspenden in Form von Urkunden, Feldpostbriefen oder Fotoalben. Weitere Informationen dazu finden Sie hier...



« 1941 - Die Kesselschlacht von Kiew war Hitlers größter Sieg  |   Als die Ostfront 1943 fast zusammengebrochen wäre »

Was 1941 die Schlacht um Moskau entschied

Fast 80 Divisionen wurden von der Wehrmacht Anfang Oktober 1941 zum Angriff auf Moskau bereitgestellt. Dies sei „der letzte gewaltige Hieb, der noch vor Einbruch des Winters diesen Gegner zerschmettern sollte“, gab Hitler seinen Soldaten mit auf den Weg.

.

Am 1. Oktober 1941

gab Stalin im Moskauer Kreml ein großes Fest. Mehr als hundert Gäste waren in den Katharinensaal geladen, um einen würdigen Rahmen für die beiden westlichen Ehrengäste abzugeben, den kanadischen Pressezar und Mitglied von Churchills Kriegskabinett, Lord Beaverbrook, und den amerikanischen Gesandten und Eisenbahnerben Averell Harriman. Beide sollten mit dem Diktator über eine mögliche Militärhilfe verhandeln.

32 Toasts sollen dabei ausgebracht worden sein. Auch Stalin trank auf den baldigen Sieg und scherzte mit den Kapitalisten. Als sich die Gäste am frühen Morgen verabschiedeten, durchbrachen die deutschen Panzer die letzten sowjetischen Verteidigungsstellungen. Nur noch 200 Kilometer trennten sie noch von der Hauptstadt.

.

Am 2. Oktober 1941

setzte Hitler alles auf eine Karte. Mit rund 80 Divisionen und sechs Armeen, der Hälfte des Ostheeres, wollte er seinen Blitzkrieg gegen die Sowjetunion doch noch zu einem erfolgreichen Abschluss führen. Tatsächlich gelang es seinen erschöpften Truppen, in den Kesselschlachten von Vjazma und Brjansk 673.000 Soldaten der Roten Armee gefangen zu nehmen und 1300 Panzer zu zerstören. Doch dann rannte sich der Angriff in der Schlammzeit fest. Und anschließend kam ein früher Winter. Dem sowjetischen Gegenangriff, der am 5. Dezember begann, hatten die deutschen Truppen nichts mehr entgegen zu setzen.

Die Programmmacher des ZDF hatten ein glückliches Händchen, als sie ihre Doku-Reihe „Katastrophen, die Geschichte machten“ auf den Nikolaustag legten. Pünktlich zum Orkantief „Xaver“ liefert der Spartenkanal ZDFinfo sechs Beispiele, wie die Natur menschliche Pläne und Projekte beizeiten zunichte gemacht hat. Das können Flüge sein, die gestrichen werden, oder wie im Fall von Hitlers „Unternehmen Taifun“ Versuche, die Weltherrschaft zu erlangen.

Das Beispiel der Grande Armée

Das gleiche gilt für das Scheitern der deutschen Herbstoffensive vor Moskau. Weder war die Rasputiza, die Schlammperiode, in jenem Jahr ungewöhnlich stark, noch setzte der Winter ungewöhnlich früh ein oder erreichte ungewöhnliche Ausmaße. Was da in der Dokumentation als Naturkatastrophe größten Ausmaßes vorgestellt wird, war zumindest den Einheimischen bekannt. Nicht umsonst zog die Rote Armee gut gerüstet in ihre Winteroffensive, die die Front vor Moskau wieder stabilisierte. Zur Katastrophe für die deutschen Angreifer wurde das Unternehmen, weil sie zu schlecht darauf vorbereitet waren und die eigenen Erfahrungen in den Wind schlugen.

Als die Wehrmacht im Juni 1941 die Sowjetunion überfiel, lag ein ähnlicher Versuch gerade einmal 129 Jahre zurück. Auch Napoleons Grande Armée hatte die Straße über Minsk und Smolensk nach Moskau genommen. Auch seine 600.000 Mann waren Hunger, Kälte, Erschöpfung und schließlich dem Feind zum Opfer gefallen. Wie das geschehen war, hatte ein Augenzeuge, Carl von Clausewitz, eindrucksvoll beschrieben. Für die Generäle, die Hitlers Angriff führten, war der preußische Militärtheoretiker nach wie vor der Säulenheilige. Sie kannten seine Schriften.

Der Erste Weltkrieg lag gerade einmal 23 Jahre zurück. Auch da hatten die deutschen und österreichischen Armeen die Generäle „Schlamm“ und „Winter“ zu Genüge kennengelernt. Auch die staubigen Pisten und die ungeheuren Entfernungen, die schlechten Versorgungsmöglichkeiten und die Todesbereitschaft, mit der die Russen ihr Land verteidigten.

Dennoch glaubte die deutsche Führung, mit der Strategie des Blitzkrieges ein Mittel gefunden zu haben, die Natur auszuhebeln. Eigentlich war der Blitzkrieg eine Erfindung der Goebbels’schen Propaganda, die den unerwartet schnellen Sieg über Frankreich 1940 – nach vier Tagen hatten die deutschen Panzer die französische Front zum Einsturz gebracht – zu einem durchdachten Konzept hochgejubelt hatte. In der Tat war der Feldzugsplan, den der General Erich von Manstein entwickelt hatte, brillant.

.

Winterausrüstung war zurückgelassen worden

Der Ansatz, mit hochgerüsteten und taktisch überlegenen Truppen aber ohne jegliche Tiefenrüstung und strategische Reserven einen Gegner anzugreifen, der über unbekannte menschliche, räumliche und industrielle Potenziale verfügte, grenzte dagegen an Hybris. Zwar gelangen den deutschen Truppen in den ersten Wochen und Monaten Siege, die ganze sowjetische Fronten vernichteten und Millionen von Kriegsgefangenen einbrachten. Aber bereits im August 1941 musste die Wehrmacht „rückläufige Bewegungen“ durchführen, um die Front zu stabilisieren. Und der Bestand an Panzern des Typs IV, die allein dem russischen T-34 gewachsen waren, nahm dramatisch ab.

Im Vertrauen auf den Blitzsieg hatten die meisten Divisionen ihre Winterausrüstung, die ohnehin kaum ausreichend gewesen wäre, in ihren Ausgangsstellungen im besetzten Polen zurückgelassen. Um diese nachkommen zu lassen, fehlten aber die Fahrzeuge. Als der Winter kam, besaß in vielen Einheiten vielleicht jeder fünfte Soldat Überhandschuhe und Wintermäntel.

Die Männer waren den Unbilden der Witterung nahezu schutzlos ausgesetzt“, heißt es im Bericht einer Division, die zum finalen Sturm auf Moskau angesetzt worden war. Es sei „niederdrückend auf die Männer, dass sie mit ungenügenden Waffen gegen einen teilweise besser ausgerüsteten Gegner kämpfen mussten … Die Männer lagen alle vier Tage und vier Nächte in der Stellung … Wenn die Truppe nicht vollkommen zur Schlacke ausbrennen soll, sind solche Verhältnisse untragbar.“

.

Die Angriffskraft ist erloschen“

Die ZDF-Dokumentation zeigt das eindrucksvoll, aber die Verantwortlichen dafür waren nicht Schlamm und Frost, sondern eine Führung, die sich hoffnungslos in ihren Blitzkrieg-Chimären verrannt hatte. Schon bevor die Rote Armee am 5. Dezember mit einer Million Mann und 700 Panzern zum Gegenschlag ausholte, war, wie es ein Divisions-Kommandeur ausdrückte, „die Angriffskraft erloschen“.

Auch die kontrafaktische Kontrollfrage lässt Zweifel an der These aufkommen, das Scheitern des „Unternehmens Taifun“ habe vor allem natürliche Gründe gehabt. Hätten die deutschen Truppen nicht nur die Vororte, sondern die ganze Stadt Moskau eingenommen, hätte Hitler ihre Bewohner wahrscheinlich dem Hungertod überantwortet. Moskau sollte ein unbewohnbares Trümmermeer werden.

Stalin, dessen Flugzeug samt Eskorte stets startbereit waren, wäre wahrscheinlich in die vorbereiteten Stellungen an und hinter der Wolga gelangt, wohin bereits zahlreiche Behörden und Industrieanlagen transportiert worden waren. Er konnte es sich in jenen Tagen sogar leisten, 150.000 Soldaten der Roten Armee wegen Feigheit oder anderer Delikte zum Tode zu verurteilen.

Ob die Einnahme Moskaus den Krieg 1941 wirklich siegreich beendet hätte, ist eine offene Frage. Viele Historiker verneinen sie.

Von Florian Stark, in: welt de - Veröffentlicht am 06.12.2013 (hier gekürzt)


Der Beitrag wurde am Sonntag, den 1. Oktober 2017 um 09:12 Uhr unter der Kategorie Vorstand veröffentlicht. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen und selbst einen Kommentar schreiben.

Einen Kommentar schreiben