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Nordkessel von Stalingrad »
Im Verlauf der deutschen Sommeroffensive von 1942 erreichte die 6. Armee unter General Friedrich Paulus Ende August Stalingrad (heute: Wolgograd). Bis Mitte November eroberte sie rund 90 Prozent der Stadt. Während sich deutsche Stoßtrupps in erbittert geführten Häuser- und Straßenkämpfen verschlissen, führte die sowjetische Südwest-Front frische Kräfte um Stalingrad heran. Am 19. November 1942 begann sie im Nordwesten und im Süden eine zangenförmige Großoffensive. Bereits drei Tage später führte der Angriff zur Einschließung der gesamten 6. Armee sowie von Teilen der 4. Panzerarmee und Überresten der rumänischen 3. und 4. Armee, zusammen rund 250.000 Deutsche und über 30.000 rumänische und russische Hilfssoldaten.
Adolf Hitler erklärte Stalingrad daraufhin zum Symbol von deutschem Siegeswillen. Zugleich verband er mit der Eroberung des strategisch bedeutenden Rüstungs- und Verkehrszentrums an der Wolga einen persönlichen Prestigeerfolg über seinen schärfsten Gegner Josef W. Stalin, dessen Namen die Stadt trug. Ein Gesuch von Paulus, im Westen aus dem rund 40 mal 50 Kilometer großen Kessel ausbrechen zu dürfen, lehnte Hitler daher strikt ab. Vielmehr vertraute er den inhaltslosen Ankündigungen des Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Hermann Göring, die Eingeschlossenen bis zum geplanten Entsatz hinreichend aus der Luft versorgen zu können. Für Entsatz und Luftversorgung fehlten der Wehrmacht jedoch im Winter 1942/43 die erforderlichen Kapazitäten. Die von der 6. Armee täglich benötigten 300-400 Tonnen Nachschub konnten zu keinem Zeitpunkt geliefert werden. Ein am 12. Dezember begonnener Entsatzversuch der eilig unter dem Befehl von Erich von Manstein zusammengestellten Heeresgruppe Don - bei dem sich Panzerverbände von Generaloberst Hermann Hoth Stalingrad auf 48 Kilometer näherten - wurde aufgrund des sowjetischen Widerstands nach neun Tagen abgebrochen. Mit seinem am 23. Dezember erneuerten Durchhaltebefehl überließ Hitler die 6. Armee schließlich ihrem Schicksal.
Die tägliche Lebensmittelration der ausgehungerten Eingeschlossenen betrug zu diesem Zeitpunkt zwei Schnitten Brot und ein wenig Tee, gelegentlich eine dünne Suppe. Erste Todesfälle wegen Erschöpfung und Unterernährung traten ab Mitte Dezember auf. Der russische Winter mit unter minus 40 Grad forderte ebenfalls Tausende Opfer unter den nur unzulänglich gegen die eisigen Temperaturen ausgerüsteten Wehrmachtssoldaten. Bis zum 18. Januar 1943 mussten die deutschen Truppen sämtliche Verteidigungslinien aufgeben und sich vollständig in das Stadtgebiet von Stalingrad zurückziehen, wo sie in zwei Teilkessel gespalten wurden. Am 30. Januar ernannte Adolf Hitler Paulus demonstrativ zum Generalfeldmarschall.
Da noch nie zuvor ein deutscher Feldmarschall kapituliert hatte, sollte die Beförderung Paulus motivieren, mit der 6. Armee bis zum “Heldentod” weiterzukämpfen. Paulus kapitulierte allerdings am 31. Januar 1943 mit seinen ihm verbliebenen Einheiten im südlichen Kessel. Zwei Tage später ergaben sich auch die ausgezehrten Truppen im Nordkessel der Stadt, das einem Trümmerfeld glich. Etwa 150.000 deutsche Soldaten waren im Kessel den Kämpfen, der Kälte oder dem Hunger zum Opfer gefallen. Rund 91.000 Mann gerieten in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der nur 6.000 Überlebende bis 1956 nach Deutschland zurückkehrten.
Die erste für die Wehrmacht vernichtende Niederlage im Krieg gegen die Sowjetunion veränderte die Kriegssituation nachhaltig. Das Gesetz des Handelns ging nunmehr auf die Rote Armee über. Weitreichender als die militärischen Folgen waren die Auswirkungen auf die Moral der deutschen Bevölkerung. Ein Großteil der von der Dimension dieser Niederlage erschütterten Deutschen erkannte den Wendepunkt des Krieges an der Ostfront. Auch der Versuch der deutschen Führung, den Untergang der 6. Armee als grandioses Heldenepos darzustellen sowie die Ausrufung des “Totalen Krieges” durch Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 beseitigten die aufkommenden Zweifel am deutschen Endsieg nicht. Vielmehr war unmittelbar nach Ende der Kämpfe in Stalingrad in deutschen Großstädten die Jahreszahl “1918″ zu lesen - unter Lebensgefahr auf Hauswände gepinselt, als Mahnung an die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg.
Quelle: dhm de Arnulf Scriba,19.05.2015
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am Montag, den 30. Januar 2017 um 13:48 Uhr
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